In Erfüllung einer Motion von Andrea Caroni (fdp, AR) (Mo. 20.4465) eröffnete der Bundesrat im Juni 2023 die Vernehmlassung zur Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe. Mit entsprechenden Änderungen im StGB soll die lebenslange – und grundsätzlich unbegrenzte – Freiheitsstrafe deutlicher von der 20-jährigen Freiheitsstrafe und der Verwahrung abgegrenzt werden. Neu würde bei Ersterer die bedingte Entlassung nicht mehr nach 15 Jahren, sondern erstmals nach 17 Jahren geprüft. Bei der 20-jährigen Freiheitsstrafe gilt heute ein unbedingter Teil von etwas mehr als 13 Jahren. Ausserdem soll die bis anhin bestehende Möglichkeit einer gleichzeitigen Verwahrung bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe gestrichen werden, da die Verwahrung im Grundsatz erst nach einer Strafe vollzogen wird. Neu sollen jedoch nach 25 Jahren im Strafvollzug aufgrund einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Bestimmungen für die Verwahrung gelten, die laut Bundesrat im Gegensatz zum Strafvollzug keinen resozialisierenden Charakter aufweist. Überdies schlug die Regierung analog zur Forderung der Motion vor, die ausserordentliche bedingte Entlassung für sämtliche Freiheitsstrafen aufzuheben, da diese in der Praxis nie zur Anwendung komme.
Bis zum Ende der Vernehmlassung im Oktober 2023 äusserten sich alle 26 Kantone, 5 Parteien und 16 weitere Organisationen zum Entwurf. Von den insgesamt 47 Teilnehmenden lehnten deren 15 die geplanten Änderungen als Ganzes ab oder stellten den grundsätzlichen Handlungsbedarf in Frage, darunter die Parteien der SP und die Grünen, die KKJPD und sechs Kantone (SZ, AR, GR, NW, TI, VS). Auf der anderen Seite begrüssten die Parteien der Mitte, der SVP und der FDP sowie 13 Kantone und zwei weitere Organisationen den Vorentwurf im Grunde. Die Rückmeldungen zu den einzelnen Änderungen divergierten ebenfalls erheblich. So wurde die spätere Prüfung der bedingten Entlassung von fast gleich vielen Teilnehmenden begrüsst wie abgelehnt. Von 15 Rückmeldungen, darunter diejenigen der SVP und FDP, wurde gar ein späterer Zeitpunkt für die bedingte Entlassung gefordert. Die Aufhebung der ausserordentlichen Entlassung stiess ebenfalls auf gemischte Reaktionen, wobei 18 von 33 Rückmeldungen der Änderung positiv oder neutral gegenüberstanden. Insgesamt 12 Rückmeldungen – darunter diejenigen der SP, der Grünen und des SAV – betrachtete das Instrument zwar als selten, aber dennoch als legitim. Drei Kantone (JU, SH, TI) stellten zudem in Frage, ob die aktuelle Reform zur Aufhebung der ausserordentlichen Entlassung geeignet sei. Mehr Einigkeit zeigte sich betreffend die Regelung der lebenslangen Freiheitsstrafe in Kombination mit einer angeordneten Verwahrung. Diese Änderung wurde im Grundsatz insgesamt von 31 Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst, darunter alle 5 teilnehmenden Parteien, 18 Kantone und 8 Organisationen aus dem Rechtsbereich. Die genaue Ausgestaltung ebendieser Bestimmung erschien jedoch 16 Kantonen, der FDP und vier Organisationen, darunter die DJS und die KKJPD, als zu unklar. So sei beispielsweise nicht geklärt, inwiefern die Verwahrung zwingend in einer separaten Institution vollzogen würde oder warum genau 26 Jahre als Zeitpunkt für den Wechsel von der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Verwahrung festgelegt worden war.
Im Februar 2025 veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zur Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe und nahm dabei aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse einige Anpassungen am Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe in Kombination mit einer Verwahrung vor. Neu soll der Wechsel vom Strafvollzug in die Verwahrung nach 25 Jahren erfolgen und die Verwahrung explizit in einer spezialisierten Einrichtung vollzogen werden. Alle weiteren Bestimmungen blieben gegenüber dem Vorentwurf unverändert.